Wenn man die Programmhefte der einschlägigen Konzertlocations durchblättert, stolpert man seit einigen Jahren dort, wo sonst immer Rock, Pop oder HipHop stand, in immer größerer Zahl über die beiden Wörter Singer und Songwriter. Ein Trend, dem ich durchaus auch verfallen bin. In meiner spotify-Playlist finden sich immer mehr ruhigere Songs. In der Regel von Einzelpersonen vorgetragen, idealerweise mit einer Akustikgitarre vorgetragen. Songwriter darf sich irgendwie jeder nennen. Was aber kein Zeichen von Qualität ist.
Das hat der gestrige Abend mal wieder eindrucksvoll bewiesen.
Passenger hatte zum Konzert ins Hamburger Docks geladen. Sein Freund Stu Larsen durfte als Support aufspielen. Obwohl beide die gleiche Richtung der Musik bedienen, war der Unterschied so extrem. Es wurde deutlich, warum Stu Larsen „nur“ der Support war. Die Frage, die bei mir jedoch hängen blieb: Warum nennt sich Larsen Songwriter?
Nur, weil er seine Lieder selber schreibt? Reicht das aus? Wenn man es wörtlich nimmt sicherlich schon. Aber Songwriting ist für mich nicht nur das bloße Zusammenreihen von Wörtern. Dabei geht es um viel mehr. Man muss mit einzelnen Sätzen einen Kontext schaffen. Einem roten Faden folgen. Eine Geschichte erzählen. Das fehlt bei Larsen und vielen anderen Künstlern, die sich in diesem Segment tummeln.
Stu Larsen’s Texte bestehen nur aus wenigen Sätzen, Fragmenten die gern und lange und immer wieder wiederholt werden. Gepaart mit einem Säuseln und Summen, das ein Markenzeichen von ihm ist, aber für mich kein Sinnbild von Musik. Erst recht nicht von Songwriting, wenn es nur um aaaaahs und ooooohs geht.
Gänzlich anders Passenger. Dieser sympathische Typ erzählt Geschichten. Seine Lieder spiegeln Teile seines Lebens wieder. Es sind kleine Kunstwerke, denen man sprachlich und textlich gerne lauscht. Dazu fängt er dich bei Konzerten mit Anekdoten und Erklärungen ein. Er versetzt dich eine Stimmung, in der der danach vorgetragene Song den Höhepunkt darstellt. Gestern standen Frauen um mich rum, die Tränen in den Augen hatten. Passenger hatte sie berührt und seine Lieder in einen Kontext gestellt, der einem selber ans Herz geht.
Passenger ist nicht nur Künstler und Musiker. Er ist ein Geschichtenerzähler höchster Güte, dessen geschriebenen Worte ich wahrscheinlich auch lieben würde.
Er ist die Sorte Songwriter, die diese Bezeichnung in meinem Auge auch wirklich verdient.
[Zusatz: Zudem ist Passenger so demütig und froh, dass er den Beruf ausüben darf, die er mag. Er verneigt sich glaubhaft vor dem Publikum, das ihm den nötigen Respekt entgegen bringt und damit zeigt, dass sie sein künstlerisches Werk zu schaffen gibt. Ein großartiger Mensch und unglaublicher Musiker mit einzigartiger Stimme, dem der aktuelle Erfolg mehr als vergönnt ist.]