Gedanken zur Nationalmannschaft

Nach mühsamem 3:0 gegen die Färöer Inseln folgte ein glücklicher Sieg in Österreich. Danach fragt in zwei Monaten keiner mehr. Falls Deutschland souverän durch die Qualifikation marschiert, ist das wie am Ende ohnehin egal. Man muss auch mal solche Siege einfahren, auch wenn sie sicher kein Selbstvertrauen geben. Die Nationalmannschaft könnte an den gestiegenen Erwartungen zerbrechen, weil nicht mehr nur die Ergebnisse zählen. Hier sollte auch ein gewisses Zahlendenken wieder einsetzen. Doch Fußball-Deutschland möchte mehr. Die Mannschaft hat unglaubliche Qualität, aber präsentiert sich nicht als Team.

Kroos ist ein unglaublicher Fußballer. Ich bin ein absoluter Fan und habe vor einem dreiviertel Jahr gedacht, dass er den endgültigen Durchbruch geschafft hat. Er war so präsent, die zentrale Figur beim FC Bayern und unglaublich gefährlich. Doch davon ist nichts mehr übrig. Kroos taucht unter, wirkt blass und irgendwie scheint ihm das schnelle Spiel nicht zu liegen. Er ist genial, wenn er Zeit und Raum hat. Die hat er aber meistens nicht und moderne Systeme sehen das nicht vor.

Klose ist am besten, wenn er nicht der klassische Stoßstürmer ist. Er rochiert, er läuft viel, lässt sich fallen, kombiniert. Aber fehlt damit zu oft im Sturmzentrum. Er ist eine Version vom spanischen Stürmertyp, wenn denen Villa fehlt. Ich mag es nicht. Es ist natürlich toll, wenn er mit offensiver Dreier- und Viererkette interagieren kann. Wenn die offensiven Mittelfeldspieler zu Doppelpässen ansetzen können. Aber wenn dann die Kraft, die Konzentration und der letzte Wille zum Torabschluss fehlt, dann wird es schwer.

Wir versuchen den Ball zu oft ins Tor zu tragen. Im Strafraum wird zum Doppelpass angesetzt. Da wird für den Mitspieler serviert, der von zwei oder drei Defensiven umringt ist. Kommt es zum Tor, sieht es grandios aus. Aber zu 90% scheitert man so, weil die Abwehrspieler dieser Tage auch verteidigen können und es am Boden bei so vielen Füßen einfach zu eng wird. Mir fehlt einer, der aus der Distanz abzieht. Der das Tor erzwingen mag. In einer Einzelaktion und nicht dem ständigen Kleinklein.

Es ist ja gut und schön, wenn man Spanien kopieren mag, Barcelona oder Dortmund. Aber wenn der letzte Drive fehlt, macht es keinen Sinn. Wenn Deutschland den Ball laufen lässt und der Gegner presst, geht es nach hinten. Man hat das Gefühl, die Spieler werden unruhig und hektisch. Es werden dann unnötige Fehlpässe gespielt. Bei Spanien läuft der Ball auch dauerhaft sicher durch die Reihen. Elegant, lässig, mit einem Selbstverständnis und vor allem mit einer Sicherheit und Ruhe, die der DFB-Elf abgeht. Die für diese Art Fußball zu spielen aber absolut vonnöten ist.

Vom frühen Stören sehe ich herzlich wenig. Es fehlt der Biss und der Willen. Die gern betitelten deutschen Tugenden scheinen abhanden zu kommen im Wunsch nach offensivem Fußball. Es fehlt der Drecksack. Khedira war es mal, wird aber immer mehr zum großen Strategen. Sein Einsatz ist vorbildlich, ohne Zweifel. Vielleicht wird er den zentrale Spieler bis 2014. In einer Mischung aus Terrier und Regisseur.

Schreibt nach einem schlechten Spiel den Schmelzer nicht wieder weg. Gebt dem Jungen jetzt endlich Zeit, auch im Nationaltrikot anzukommen. Er ist die aktuell wohl einzige Hoffnung, dass wir das Loch auf der Außenverteidigerposition stopfen können. (Gelernte) Innenverteidiger dürften hier keine Alternative sein. Schmelzer hat das Zeug und bringt vieles mit. Lasst ihn sich einfinden.

Podolski hat unter Löw nur noch eine Chance. Er muss als Mittelstürmer agieren. Auf dem linken Flügel sehe ich für ihn keine Zukunft. Hier werden sich Reus und Götze festspielen. Sie passen besser zur Philosophie, sind noch kombinationssicherer und moderner. Was bitter für Lukas ist. Vorne ist die Chance größer, wenn er sich in London weiter zum Torjäger entwickelt. Oder aber er lernt von Wenger doch noch die Kleinklein und mehr Defensivpower. Aber aktuell muss er sich hinten anstellen.

Die ewige Schwäche bei ruhenden Bällen ist beschämend. Bundesligaprofis sollten es schaffen, dass Ecken und Freistöße gefährlich werden. Löw kann das in der kurzen Zeit gar nicht trainieren. Dafür aber die Spieler. In ihren Vereinen. Die Blockbildung sollte dafür förderlich sein.

Damit es klar ist: Ich möchte Löw nicht wegschreiben, ich bin überzeugt von seinem Weg, den er gehen will. Die junge Mannschaft muss weiter zusammen wachsen. Im Großen sind sie schon lange zusammen, da sollte es klappen. Die Qualifikation ist dafür da, dass wir zur WM reisen und als Team eine Einheit werden. Im Moment wird aber Kredit verspielt, as gefährlich ist für die weitere Entwicklung.