Endstation

Spät ist es geworden im Büro. Ich schurfe zur Bahn. Bin versunken. Der Blick ist auf das iPhone gerichtet. Ich klicke mich durch die Ereignisse des Tages, die an mir vorbei gezogen sind ohne dass ich sie wahrnehmen konnte. Ich gehe den Weg fast im Schlaf. Zu dieser Uhrzeit ohne einmal aufzublicken. Es ist spät. Die restlichen Arbeitnehmer der Umgebung sind längst zu Hause und erfreuen sich an einem heißen Tee und einen stumpfen Abend auf dem Sofa. Es ist eisig. Meine Hände werden rissig, sie werden starr. Unter leichtem Schmerz lockere ich sie und freue mich, dass ich im Augenwinkel die Bahn anfahren sehe.

Noch immer in Twitter gefangen drücke ich den Türöffner und nehme den ersten freien Platz. Der der erste Platz ist. Auch hier ist es noch kalt. Der Bahnfahrer ist wohl schon im Feierabend oder hat er zu später Stunde nicht mehr mit einem Fahrgast gerechnet und die Heizung abgestellt. Egal, gib Gas. Ich will nach Hause.

Es ruckelt, meine Lider werden schwer. Ich merke, wie sie mir zufallen. Doch diese Nachrichten wollte ich noch lesen. Die Mails. Das letzte, was ich noch nicht durchgeackert bin. Wir gondeln dahin. Ich merke nicht, wie das Licht gedimmt wurde. Ich bekomme ohnehin nichts mehr mit. Bin gefangen. Im Nachrichtenstrom und der Bahn. Nur merke ich es nicht.

Wir fahren. Ohne zu stoppen. Immer weiter. Durch die Dunkelheit des Untergrunds. Meine Augen klappen immer wieder zu. Die Schrift verschwimmt. Ich will nach Hause. Ins Bett. Es müsste gleich soweit sein. Dann die bekannte Stimme. Es knackt im Lautsprecher über mehr. Eine helle Jungenstimme spricht zu mir. Im Fünfziger Jahre-Stil denke ich, als er beginnt: “Näääääääächste Statioooon…” Es knackt, ich lausche, los sag es. “Straßburger Straße.” Ja. “Übergaaaang.” Übergang? “Zum Tod.”

Ich reiße mich von der Mail los. Sehe nichts. Es ist dunkel. Das Licht flackert nur leicht von der Decke. Es ist still. Totenstill. Ich scheine allein zu sein. Fast allein. Die Fahrertür öffnet sich und ein dunkler Schatten kommt auf mich zu. Mit einer Stimme aus einer anderen Zeit flüstert er. “Endstation.”

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