Stiller Jubel

Können wir mal bitte zwei Jahre zurück gehen. Wenn damals das Spiel auf Schalke unter der Woche gelaufen wäre, hätte ich 90 Minuten mit dem Fernseher geredet und wäre mindestens drei Mal aufgesprungen und hätte die Wohnung zusammen gebrüllt.

Gestern haben ich erst in der zweiten Halbzeit hin und wieder etwas kommentiert. Bei den drei Toren habe ich mich aus meiner halb liegenden Position auf die Knie gewuchtet und habe die Faust in die Luft gereckt. Eventuell formten sich meine Lippen sogar zu so etwas, wie einem Schrei. Zu hören war aber nichts.

Die Zeiten ändern sich. Und ich möchte jetzt gar nicht in die Ausführungen einiger anderer einstimmen, die die Lust und Leidenschaft gegenüber dem tollen Sport und ihren Vereinen verlieren. Ganz und gar nicht. Ich freu mich noch immer meinen EffZeh spielen und vor allem siegen zu sehen. Aber seitdem #spielfeldrändchen bei uns ist, hat sich der Fussballkonsum verändert. Samstag 15:30 fällt für mich eigentlich immer aus. Die Zeit verbringe ich lieber mit dem Kleinen. Abendspiele sind super. Da finde ich Zeit und genügend Ruhe. Da schläft unser Junge bereits im Stockwerk über uns. Da er nicht der allerbeste Schläfer in den letzten Monaten war, habe ich mir angewöhnt kein Riesen-TamTam zu veranstalten. Dann wird halt reflexartig still gejubelt.

Gestern gab es dafür wieder reichlich Grund. Drei Mal zappelte der Ball im Netz. Drei Offensivkräfte waren für die Tore zuständig. Was wichtig ist – besonders für die nächsten Wochen – da unsere Gegner nicht nur versuchen müssen Modeste aus dem Spiel zu nehmen. Der Franzose ist und bleibt natürlich der wesentliche Faktor, aber es können auch andere in die Bresche springen. Wie die Zeiten sich ändern. 

Es ist unglaublich schön zu sehen, wie Köln als einige der wenigen Teams in der ersten Liga ein System, eine Taktik und einen Plan haben und verfolgen. Sie sind so abgeklärt und spielen ihren Stiefel ruhig runter. Voller Selbstvertrauen, dass sie damit erfolgreich sein werden. Selbst nach einem Rückstand, der sich angedeutet hat. Das ist eine Waffe. Gepaart mit Alternativen auf der Bank, taktischer Flexibilität innerhalb der 90 Minuten und einem Trainer am Spielfeldrand, der eingreifen und richtige Akzente setzen kann, haben wir einen starken Mix beisammen. Wie die Zeiten sich ändern.

Man muss aber auch sagen, dass Schalke wenig überzeugen konnten und offensiv kaum gefährlich waren. Horn im Gegenzug hat in den schlussendlich entscheidenen Momenten stark pariert und Köln war im Gegenzug im Abschluss extrem effektiv. Da kann man auch verkraften, dass Osako nach seinem tollen Tor den Ball in zwei Situationen fast stümperhaft verstolperte. Die Tendenz ist gut. Auch wenn wir erstmal nur vier Ligaspiele absolviert haben. Wie die Zeiten sich ändern.

Wenn diese Entwicklung bedeutet, dass ich nicht mehr wild ausraste bei den Spielen, dann nehme ich das gern in Kauf.

Übrigens schließt sich hier ein kleiner Kreis. Wenn wir mal 25 Jahre zurück blicken, dann war ich noch nicht mit dieser Leidenschaft identifiziert, aber ich entdeckte gerade meine Liebe zum EffZeh. Damals, zur Wendezeit hatte Köln seine letzte größere Zeit. Als Zweiter. Hinter dem FC Bayern München. Ich, der Erfolgsfan lässt in diesen Tagen die letzten 25 Jahre Revue passieren und erfreut sich an dem großartigen hier und jetzt. Wer weiß, was uns in den nächsten 25 Jahren erwartet… Irgendwann ganz sicher wieder laute Jubler. Zusammen mit den Kids.

Come on EffZeh

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