Vom Stotterstart auf holprigen Wegen

Ich war nie der große Autofahrer. Schon früher nicht. Als die Mitschüler dem 18. Lebensjahr entgegen fieberten, um endlich ihre Fahrprüfung ablegen zu können, erfreute ich mich an passivem Sport und dem Bolzplatz. Meinen Führerschein machte ich während meiner Zeit bei der Bundeswehr. Man hatte Zeit, das erste Geld und irgendwie war es ja wohl nicht verkehrt. Ich stotterte mich durch die Fahrstunden, flog einmal durch die praktische Prüfung und hatte dann doch mit 19 die Chipkarte in der Hand. Ich trug sie halbwegs stolz, aber legte sie dann schnell in die Geldkassette, wo der Führerschein mit Impfpass und anderen halbwegs wichtigen Dokumenten lagerte.

Von Neubrandenburg zog ich nach dem Bund nach Greifswald, versuchte mich da als Student. Weg von den Eltern und damit ohne fahrbaren Untersatz. Als Student hatte ich zudem nicht das Geld und war auch gar nicht scharf drauf unbedingt Steuern zu zahlen. Spätestens mit meinem Umzug nach Hamburg war das Thema Autofahren endgültig erledigt. Meine Eltern waren noch weiter entfernt und damit auch die Möglichkeit vielleicht hin und wieder doch mal hinter dem Steuer zu sitzen.

In der Hansestadt selbst brauchte ich kein Auto. Wozu auch, Das Bahnnetz ist großartig ausgebaut und wenn man ehrlich ist, war ich oftmals, wenn ich mich rumtrieb eh nicht fahrtüchtig. Wenn meine Eltern auf den seltenen Heimatbesuchen anboten doch mal ne Runde zu fahren, wiegelte ich ab. Wozu auch? Ich brauch das Feeling ja nicht. Es war mir nicht wichtig und pragmatisch gesehen verschwendete Zeit. Was ich mir dabei nicht oder nur selten eingestand: eine gewisse Angst fuhr mit… ohne zu fahren…

Je länger ich nicht mehr der Fahrer war, sondern nur der dauernde Mitfahrer, desto mehr Respekt hatte ich vor dem Kraftfahrzeug und dem Verkehr. Ohnehin ist es als Beifahrer doch gemütlicher.

Der Start

In den letzten Monaten kam jedoch ein gewisser Wunsch nach Autofahren auf. Im Urlaub, wenn man mal nicht ein Auto mieten kann. Erst recht für den geplanten Trip durch Skandinavien. Und irgendwie passte es perfekt, dass ich vor wenigen Wochen auserwählt wurde, car2go zu testen. Carsharing in Hamburg. Mit einem Smart. Für lau.

Na dann… kann ja nicht so schwer sein. Die letzte Autofahrt ist ja nur, äh, elf Jahre her. Oje. So lange dann doch schon. Merkt man auch. Man saß zwar regelmäßig im Auto. Das war aber irgendwie nur wie ein Testspiel. Man hockte auf dem Beifahrersitz oder gar hinten. Achtete mal mehr oder mal weniger auf Verkehrsschilder und ließ es ziemlich locker angehen.

Nur war man wieder in vorderster Front und hatte kein Gefühl für die Liga, äh Straße. Erstmal Gas geben. Hups, der hat aber Dampf unter der Haube. Ein ordentlicher Blitzstart. Raus aus der Parklücke, juchei. Ran an Bordstein. Oje. Vorsicht walten lassen. Es kontrollieren. Langsam. Ruhig. Ähm Gegenverkehr. Warum kommen da dann gegnerische Autos auf einen zu und kämpfen um die Macht auf der Straße. Das war doch im Test nicht so. Schnell weg hier.

Rückschlag und Triumph

Im großen Bogen um die Kurve. Weit ausholen und fast vom Weg abkommen. Einschlagen, Gas geben. Weiter, immer weiter. Aber holprig ist es jetzt geworden. Ruckelig. Der Herzschlag hat sich beschleunigt. Aufregend. Das geht hier ja um was. Punkte. Also wenn ich das nicht richtig mache. Prestige, Ehre. Ich bin für den Ausgang verantwortlich. Nee, nee, das will ich nicht. Weg hier, raus hier.

Nur rausspringen geht ja nicht. Die 90 Minuten sind noch nicht um. Das Ende der Straße aber fast erreicht. Einparken. Nur schnell zuende bringen das Ding. Ach Mist, passt alles nicht. Komme nicht direkt zum Ziel. Ein Genickschlag. Und das im eigenen Viertel. Wie peinlich. Auf den eigenen Straßen. Im Auto, dass einem irgendwie gehört. So zusammen reißen. Keine Rücksicht auf Bordsteine und Sträucher. Einschlagen. Gas, vor, zurück, abziehen. Treffer. Motor aus. Abpfiff.

4.Akt: Ziemlich kurz. Angriffsversuch des FC. Zwei Spieler (Ujah und noch ein Blinder) rennen sich gegenseitig über den Haufen. Ujah bleibt liegen, Clemens schnappt sich den Ball und haut ihn aus gefühlten 30 Kilometer mit Lichtgeschwindigkeit in den Torwinkel. 2-1, Schlusspfiff, Sieg und Karneval!!!!

So wie ich mich wieder ans Autofahren gewöhnen musste Samstagmittag, so musste sich der EffZeh wohl wieder an die Liga gewöhnen. Nach einer “perfekten Vorbereitung” und dem Sieg gegen Dortmund (unbedeutend). Jetzt zählt es wieder und man sah den Jungs nach einem starken Beginn an, dass sie eigentlich noch nicht soweit sind. Für den Aufstieg. Sie sind irgendwie dran, haben das Auto nach vorne bewegt, aber keinesfalls sicher und es doch in die gewünschte Position zum Ende gebracht.

Ein Triumph des Willens? Hör mir uff. Ein Statement-Sieg? Ja, aber das Statement ist nicht wirklich positiv. Ein Sieg der Leidenschaft? Herrjeh. Verdient? Nicht wirklich. Wichtig? Ich hoffe nicht. Eine Initialzündung? Kann ich mir nicht vorstellen. Es war ein Trottelsieg, eine Laune des Fußballgotts, eine Mischung aus Louis de Funes und David Lynch. Merkwürdig. Unvorhersehbar und albern.

Es wird Rückschläge geben.
Vielleicht brauchen einige Spieler noch ein Jahr in der “behüteten” zweiten Liga, auch wenn der Verein das Geld dringend nötig hat.
Vielleicht sind es nur noch einige Spieler, bis sie wieder im Rhythmus sind.
Aber man sieht gute Ansätze und weiß, dass das Team wieder souverän auf den Straßen cruisen wird.
Das macht Mut.
Alles wird gut.

Und bis dahin muss man halt auch mal holprige Straßen überqueren und sich irgendwie durchbeißen. So lange, bis die Sicherheit (wieder) da ist.

Come on FC!

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