Besinnlichkeit. Muss aber nicht sein

Wie jedes Jahr hatten sich auch am letzten Wochenende meine Eltern sich bei mir einquartiert. Einmal mehr irgendeine Schulung besucht und dann volle Möhre Touristendasein fröhnen. Weihnachtsshopping, Weihnachtsmärkte und mal wieder den Sohn sehen. Immer wieder schön, aber stressig. In der stillen Planung für die Tage blieb den beiden lange eines ungesagt. Die letzte Ligapartie des EffZeh musste einfach irgendwie geschaut werden. Sollte ja wohl kein Problem sein, wenn wir Freitag ab morgens in der Stadt unterwegs sind. Wer will denn da bis abends durch Geschäfte huschen und noch auf den Weihnachtsmarkt, wenn wirklich alle Einwohner genau dort das Wochenende begrüßen?!?

Meine Eltern.

Die Zeit schritt voran und ich fand mich schon damit ab, dass ich die Partie wohl doch nicht sehen kann. Was tut man nicht alles für die Familie. Der Toralarm wurde eingerichtet, während meine Mutter wieder in irgendwelchen Gängen aus Taschen und Klamotten verschwand. Bis sie wiederkam und durchblicken ließ, dass sie jetzt eigentlich doch schon recht KO sei. Und schließlich hätte sie jetzt ja alles. Und morgen würden wir ja wieder losziehen. Hoffnung. Nun war ich der Antreiber. Nicht gerade freundlich, aber mächtig bestimmend. Nee nee, bezahl mal. Nee, in den Laden brauchen wir jetzt auch nicht mehr rein. Ach, weißt du was, ihr bekommt die HVV-Gruppenkarte und ich fahr schon mal nach Hause. Der EffZeh spielt gleich.

Ich glaube, sie hat nicht ganz verstand, was dieser EffZeh ist. Aber sie verstand, dass ich nicht mehr konnte. Und sie auch nicht mehr. Nachdem ich sie durch die Menschenmassen gescheucht hatte, schloss auch sie den Tag. Und siehe da, wir waren pünktlich zu Hause. Ein Bier für mich, eins für Papa und Wasser für Mutti.

Mit etwas Abstand hätte ich mir den Stress ersparen sollen. Lieber doch nochmal auf den Weihnachtsmarkt und ein paar Glühwein trinken. Oder ins Brauhaus deftig essen und frisch gebrautes Bier trinken. Was war das denn bitte schon wieder?!?

Der Verein trägt wohl die Angst vor dem oberen Tabellendrittel in sich. Nur nicht übertreiben. Nur nicht nach oben ran rücken. Dann könnte der Druck ja doch zu groß werden. Oder stellt Euch mal vor, wir würden tatsächlich aufsteigen. Um Gottes Willen!

Also ich will den Aufstieg dieses Jahr wirklich (auch) nicht. Die Mannschaft ist einfach noch nicht soweit in Liga eins zu bestehen. Das hat man am Freitag mal wieder gesehen. Aber ein Kellerkind sollte man schon mal bezwingen. Auch auswärts. Auch wenn sich der Gegner hinten rein stellt. Erst recht, wenn der Gegner so schwach ist, wie Sandhausen. Und wenn man in den letzten Wochen teilweise gesehen hat, wozu die Mannschaft in der Lage ist.

Freitag waren die Spieler aber anscheinend schon im Weihnachtsmodus. Schön besinnlich, nicht zu viel investieren. Immerhin haben sie die Geschenke vergessen. Der Gegner kam zu wenigen gefährlichen Szenen vor unserem Tor, der Treffer fiel aber nicht. Wobei Timo Horn einmal mehr unterstrich, dass er der Mann der Hinrunde ist. So konstant wie er trat sonst keiner auf. Auch kein Anthony Ujah. Kein Brecko. Erst recht nicht der Rest der Bande.

Warum Holger Stanislawski aber so verhalten aufspielen ließ, dürfte allen Beobachtern ein Rätsel bleiben. Meine Theorie: Er wollte schonmal ein defensives System einstudieren für die Partie in Stuttgart. Passt in Sandhausen aber nicht. Ein Royer hätte dem Team von Anfang an gut getan. Aber so defensiv konnte es fast nichts werden. Schade, mal wieder eine Chance verpasst.

Nicht des Aufstiegs wegen, sondern wegen der Punkte gegen einen mehr als nur schlagbaren Gegner. Schließlich hatte selbst Stani gesagt, dass man jetzt in Tabellenregionen sei, in denen man junge Spieler noch mehr einbauen könnte. Die drei Zähler hätten ihm mehr Spielraum verschafft. Ich hoffe trotzdem, dass er nicht von der Linie abweicht und wir in der Rückrunde nicht nur einen Horn, Hector und Ujah regelmäßig auf dem Rasen sehen, sondern auch Strobl, Wimmer und Royer. Dass Pritsche mehr Gelegenheiten bekommt sich reinzufinden. Dass Ishak mehr Chancen erhält sich zu zeigen. Bei ihm ist es wohl wie bei Ujah. Er braucht Anlaufzeit, braucht Vertrauen, regelmäßige Spiele und dann 1-2 Tore, die den Knoten platzen lassen. Ich war bei Ujah ja selbst anfangs noch überzeugt, dass er nicht der größte Knipser sein würde. Und nun hat er sieben Buden auf dem Konto. Dazu nimmermüder Einsatz. Bei Ishak schlummert glaube ich noch mehr Torgefahr unter der Haube als bei Ujah. Etwas, das wir jetzt austesten und fördern müssen. Denn ob Ujah in der nächsten Saison noch bei uns spielt muss zumindest bezweifelt werden. Ebenso muss sich Bigalke noch endgültig beweisen. Das kann er aber nur mit regelmäßigen Spielen in der Startelf. Ich glaube, er braucht grenzenloses Vertrauen. Solche Leute möchte ich öfters sehen und dann vor allem noch die wirklich junge und bisher kaum geförderte Riege um Schnellhardt.

Die Rückrunde sollte dafür genutzt werden noch mehr als Team zusammen zu wachsen und den Nachwuchs sanft zu integrieren. Was schwierig genug werden dürfte, wenn Stani die von mir so ungeliebte Rotation nicht übertreibt. Sandhausen hat ihm da eine Möglichkeit geraubt. Schade.

Besinnlich war aber nicht nur die Aufstellung, sondern vor allem die Stimmung auf den Rängen. Also „Stimmung“. Diese Stille und das Grummeln. Meine Eltern konnte ich durch die Partie nicht von meiner Leidenschaft zum EffZeh überzeugen. Eher blieb es beim Schmunzeln darum, dass ich mit dem Fernseher rede, mich über Kommentatoren aufrege und alles kommentiere und fluche. Warum, Wilde Horde untersagt ihr eurem Verein den Support?

Ich raff es einfach nicht. 12:12 fand ich noch OK. Aber 90 Minuten Stille? Bringt das unserem Klub weiter? Erst recht, wenn man sieht, dass die Jungen einfach den Rückenwind von den Tribünen benötigen. Was können sie dafür, dass die Fußballobrigkeit ein Papier unterschreibt, dass ihr nicht haben wollt. Und war es nicht Euer Verein, der sich nicht für die neuen Regeln ausgesprochen hat? Ihr bestraft den Klub, weil er sich zumindest enthalten hat?
Muss man nicht verstehen.
Ich find’s wirklich schade!

Stuttgart wird ja wohl wieder genauso ruhig. Mir egal. Ich bin am Mittwoch auf einer Weihnachtsfeier. Und ich werde mich sicher nicht bemühen die Partie irgendwo heimlich zu schauen.

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